Schwedens Erfolgsmodell: Wie die Abschaffung der Erbschaftsteuer Wohlstand fördert

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Die Debatte über die Erbschaftsteuer polarisiert. Während in Deutschland Stimmen lauter werden, die eine stärkere Besteuerung von vererbtem Vermögen fordern, zeigt ein Blick nach Norden ein ganz anderes Bild: Schweden hat die Erbschaftsteuer im Jahr 2004 vollständig abgeschafft – und erlebt seither eine Entwicklung, die vielerorts für Staunen sorgt. 

Das skandinavische Land ist heute nicht nur Heimat vieler erfolgreicher Unternehmer, sondern gilt auch als vorbildlicher Finanzmarkt innerhalb Europas. Was steckt hinter diesem Modell – und was kann Deutschland davon lernen?

Der Mythos vom „vererbten Reichtum“

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Ein beliebtes Argument für eine hohe Erbschaftsteuer lautet, dass Reichtum in unserer Gesellschaft zunehmend durch Erbschaft entstehe und damit der Leistungsgedanke untergraben werde.

So vertritt etwa die Politikwissenschaftlerin Martyna Linartas die These, Deutschland entwickle sich in Richtung eines „post-meritokratischen Systems“, in dem nicht mehr Leistung, sondern Abstammung über Erfolg entscheide. Doch diese Sichtweise ignoriert, dass ein Großteil der Millionäre in Deutschland nach wie vor Selfmade-Unternehmer sind.

Die pauschale Gleichsetzung von Reichtum mit Erbschaften hält einer genaueren Prüfung nicht stand. Mehr noch: Sie führt zu falschen politischen Weichenstellungen. Denn die Annahme, dass hohe Erbschaftsteuern der Allgemeinheit nutzen würden, lässt sich durch die Erfahrungen Schwedens nicht bestätigen – im Gegenteil.

Schweden: Abschaffung als politischer Konsens

Im Jahr 2004 beschloss das schwedische Parlament einstimmig – also über Parteigrenzen hinweg – die vollständige Abschaffung der Erbschaft- und Schenkungsteuer. Nur wenige Jahre später wurde auch die Vermögensteuer gestrichen. Ziel dieser Reformen war es, die Unternehmensnachfolge in Familienbetrieben zu erleichtern und die Abwanderung von Kapital und Know-how zu stoppen.

Das Ergebnis: Viele Unternehmer, die Schweden zuvor aufgrund der hohen Steuerlast verlassen hatten, kehrten zurück. Gleichzeitig entstanden neue Firmen, bestehende Unternehmen wurden weiterentwickelt, und das investierte Kapital blieb im Land. Eine Entwicklung, die sich langfristig als echter Standortvorteil herausstellte.

Mehr Unternehmer, mehr Börsengänge, mehr Innovation

Ein Blick auf die Zahlen spricht für sich: In den vergangenen zehn Jahren gingen in Schweden 501 Unternehmen an die Börse – mehr als in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Spanien zusammen. Stockholm rangiert heute weltweit auf Platz zwei, wenn es um die Anzahl sogenannter „Unicorns“ pro Kopf geht – nur das Silicon Valley liegt vorne. Der schwedische Kapitalmarkt ist zu einem der dynamischsten in Europa geworden, was unter anderem auf eine starke Risikokapitalkultur und eine unternehmerfreundliche Regulierung zurückzuführen ist.

Die Europäische Kommission hebt Schweden in Berichten regelmäßig als positives Beispiel hervor. Die Abschaffung der Erbschaftsteuer war ein Baustein in einem umfassenden Reformpaket, das wirtschaftlichen Aufstieg, Innovation und Unternehmensgründungen gezielt förderte.

Reiche als Stützen der Gesellschaft – und nicht als Problem

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Interessant ist auch die gesellschaftliche Perspektive. Während in Ländern wie Deutschland oder Frankreich die öffentliche Meinung gegenüber Vermögenden oft skeptisch oder gar feindlich ist, herrscht in Schweden ein deutlich positiveres Klima. Umfragen zeigen, dass nur eine Minderheit der Schweden sehr hohe Steuern für Reiche befürwortet – selbst unter Geringverdienern.

Diese Haltung mag überraschen, erklärt sich aber aus der wirtschaftlichen Geschichte des Landes. Schweden war einst eines der ärmsten Länder Europas, bevor es Mitte des 19. Jahrhunderts Handelsfreiheit einführte. Die Folge war ein beispielloser wirtschaftlicher Aufstieg.

Zwar erlebte das Land in der Nachkriegszeit eine Phase staatszentrierter Politik, doch diese führte zur Abwanderung zahlreicher Unternehmer – unter ihnen der IKEA-Gründer Ingvar Kamprad. Die Rückbesinnung auf marktwirtschaftliche Prinzipien und der Verzicht auf bestrafende Besteuerung brachten Schweden schließlich wieder auf den Erfolgspfad.

Erbschaften als Motor, nicht als Bremse

Ein weiterer Aspekt, der häufig übersehen wird: Erbschaften sind keineswegs per se „faules Kapital“. Im schwedischen Modell wird Eigentum mit Verantwortung verknüpft.

Familienunternehmen bleiben oft über Generationen hinweg im Besitz der Gründerfamilien, was zu langfristigem Denken, nachhaltigem Wirtschaften und einer engen Bindung an den Standort führt. Die Eigentümer sind in der Regel auch in das Management eingebunden – was ganz andere Anreize setzt als etwa bei anonymen Großinvestoren.

Gleichzeitig wurden in Schweden private Aktiensparmodelle und kapitalgedeckte Rentensysteme gestärkt – ein weiterer Grund, warum breite Teile der Bevölkerung vom wirtschaftlichen Erfolg des Landes profitieren und die Marktwirtschaft unterstützen.

Fazit: Ein Modell mit Signalwirkung

Schweden hat vorgemacht, dass ein Land auch ohne Erbschaft- oder Vermögensteuer erfolgreich sein kann – vielleicht sogar erfolgreicher. Die positive wirtschaftliche Entwicklung, das innovationsfreudige Unternehmertum und eine ausgeglichene gesellschaftliche Sicht auf Reichtum sind Resultate einer mutigen und weitreichenden Reformpolitik.

Es ist ein Modell, das die politischen Diskussionen in Deutschland bereichern sollte – nicht als eins-zu-eins-Vorlage, aber als Denkanstoß für eine Debatte, die allzu oft von Ideologie statt von Fakten geprägt ist.

Vielleicht ist es an der Zeit, Erbschaften nicht länger als Problem zu sehen – sondern als Chance für Wachstum, Innovation und Wohlstand. Schweden zeigt, wie es gehen kann.

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